Sehr geehrte Damen und Herren,

wir freuen uns darüber, dass Treuchtlingen als Ort des 2. Kulturgipfels Altmühlfranken ausgewählt wurde. Als Vertreter unserer Bürgermeisterin Kristina Becker stelle ich Ihnen in wenigen Worten vor, was die Kultur in Treuchtlingen ausmacht, wo wir Potenziale sehen und wo wir tätig sind und tätig werden.

Vorab: In Treuchtlingen sind die finanziellen Mittel ausgesprochen begrenzt. Das ist schon seit Jahrzehnten der Fall. Insofern sind größer angelegte Kulturprogramme und Aufgaben nur mit Mühe umsetzbar. Trotzdem haben wir einiges zu bieten.

An erster Stelle steht unser Museum, das in einem langwierigen Umstrukturierungsprozess steht. Denn es bietet bislang etwa ¼ der Ausstellungsfläche des Germanischen Nationalmuseums – allein diese Größe macht deutlich, dass hier Handlungsbedarf besteht. Was geplant ist, wird Museumsleiterin Sarah König noch erläutern.

Neben dieser Mammutaufgabe pflegt Treuchtlingen seine Stadtbibliothek, die in der wunderbar renovierten historischen Czernohaus-Scheune untergebracht ist und teilweise als Open Library im 24-Stunden-Format geöffnet ist. Hier gibt es immer wieder auch kleinere Veranstaltungen.

Als Veranstaltungsort stehen neben der Stadthalle im historischen Forsthaus gute Räume für die Musikschule, für Kleinkunst und Ähnliches zur Verfügung. So finden dort auch die Treuchtlinger Kulturschmankerln statt – eine Kleinkunst-Serie, die eine feste Fan-Gemeinde hat.

Vieles, was momentan noch in städtischer Verantwortung steht, soll demnächst in einen noch zu gründenden Verein umgelagert werden. Dies betrifft vorrangig Dinge im Rahmen der Alltagskultur und eingeführte Veranstaltungen wie beispielsweise die Herbstlichter und Ähnliches. Hier wollen wir ganz bewusst schon vorhandene professionelle Strukturen mit ehrenamtlichem Engagement vereinen und so die Schlag- und Strahlkraft erhöhen.

Hierbei sind wir bei einem besonderen Punkt. Die Kultur in Treuchtlingen ist stark von ehrenamtlichem Engagement geprägt. Stichworte sind hierzu beispielsweise das Eber-Hart-Festival, die Angebote auf der Treuchtlinger Burg oder auch Rock an der Lok und natürlich auch die Angebote der Karnevalsgesellschaft. Auch die noch junge Ludwig-Fels-Gesellschaft zählt zu diesem Kreis, die das Leben und Schaffen des Treuchtlinger Schriftstellers befördert und für Treuchtlingen auch eine Facette des kulturellen Engagements ausmacht. Es ist schade, dass sich vor wenigen Jahren die Treuchtlinger Spirale aufgelöst hat. Sie war ein überregional bedeutender Verein der bildenden Kunst. Aber das zeigt eben auf, dass Vieles nur durch Ehrenamtler geleistet wird und werden kann.

Daneben gibt es in den Treuchtlinger Ortsteilen teilweise großes Engagement in vielen kleinen Dingen, was die Alltagskultur und das Zusammenleben anbelangt.

Insofern begrüßen wir natürlich die Initiative von Aller.Land und die Förderung von Kultur, Beteiligung und Demokratie, dessen Ausrichtung heute ja auch Thema sein soll.

Lassen Sie mich dazu vorab aber ein paar Körner Salz in die Wunden streuen und erlauben Sie mir einen Blick von der untersten Basis auf die aktuellen Begebenheiten in Sachen Kultur, Beteiligung und Demokratie. Das ist der Blick eines Bewohners eines einst selbstständigen, stolzen Dorfes, wie es sie in Deutschland zu Tausenden gab. Und vielleicht ist dieser Blick auch ein entscheidender, was das Programm Aller.Land anbelangt.

Bayernweit hat man vor zwei Jahren 50 Jahre Gebietsreform gefeiert und mit warmen Worten auf die Errungenschaften verwiesen. Letztlich reduziert sich Vieles aber hauptsächlich auf vermeintlich effizientere Verwaltungsstrukturen, deren Effizienz man allerdings bei einem neutralen Blick auch in Frage stellen könnte.

Auf der anderen Seite – und hier gäbe es Ansätze für das Programm Aller.Land – wurden damals auf undemokratische Weise Zigtausende Kommunalpolitiker ihres Amtes beraubt. Vor allem in den Dörfern, die Städten zugeschlagen wurden, gibt es seitdem machtlose Ortsausschüsse und Ortssprecher und vielleicht mit Glück einzelne Stadträte, die auf weitgehend verlorenem Posten sich für ihre Dörfer einsetzen. Besser geht es Dörfern, denen es damals gelungen ist, ihre Eigenständigkeit in Verwaltungsgemeinschaften zu erhalten.

Mit dem Verlust der Selbstbestimmung kleiner Communities ging häufig auch der Verlust kultureller Identität und Initiativen einher. Auf der anderen Seite wandelten sich die reformierten, zentralen Verwaltungen immer wieder zu regelrechten „Kultur-Killern“, wenn z.B. eine Bäuerin, die das halbe Dorf mit Brot versorgte, dies aus formalen Gründen plötzlich nicht mehr durfte, oder die traditionelle Dorfwirtschaft als kultureller und demokratischer Mittelpunkt schließen musste, weil das kleine Schlachthaus keine zweite Tür hatte.

Das hört sich banal an, betraf aber die Alltagskultur und ist in der Summe der letzten Jahrzehnte eine dramatische Entwicklung.

Wir dürfen uns angesichts dieser schleichenden kulturellen Entkernung am flachen Land über die eine oder andere politische Entwicklung nicht wundern. Aus gefühlter Ohnmacht entsteht Politikverdrossenheit, und das stärkt die extremen Rän­der der politischen Landschaft – auch wenn dies neben anderen Dingen natürlich nur ein Aspekt dieser gefährlichen Entwicklung ist.

Möglicherweise haben die Initiatoren von Aller.Land im Bund eben genau diese Defizite erkannt.

Insofern mein Appell an uns alle, die sich für die Kultur in unserer Region einsetzen: Bitte verlieren Sie in Konzepten, Initiativen und Angeboten die von mir dargestellten Aspekte nicht aus den Augen. Es kann sicher nicht nur um kulturelle Leuchtturmprojekte in den Mittelzentren gehen, vielmehr geht es um Strukturen.

Mein Appell an die kommunalpolitischen Entscheidungsträger: Erklären Sie den Verantwortlichen an den Verwaltungsschnittstellen, um was es geht; ermöglichen Sie auch in kleinen Communities in den Dörfern Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wenn das gelingt, wenn bürokratische Mechanismen sich wieder mehr am Menschen und seinen Bedürfnissen – auch den kulturellen Bedürfnissen – ausrichten, dann wird auch die Demokratie gestärkt hervorgehen und das Land kulturell vielfältiger. Alltagskultur funktioniert nur von unten und mit entsprechender Motivation.

Aller.Land kann dabei helfen.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.