Rede im Stadtrat
Zunächst müssen wir uns freuen, dass die Schüler bald wieder in die Sene zum Unterricht können. Die gesamte Schulleitung rund um Schulleiter Reutner samt Kolleginnen und die gesamte Senefelder-Schule haben die außergewöhnliche Situation hervorragend gemanagt - pragmatisch, mit viel Fingerspitzengefühl und sehr positiv.
Ebenso großes Lob gilt der Treuchtlinger Bürgermeisterin, dem Treuchtlinger Stadtbauamt und dem Bauhof, die innerhalb weniger Tage alles in Bewegung gesetzt haben, um Ersatzräume zu finden und nutzbar zu machen, und dem THW, das beim Umräumen half.
Und nicht zuletzt Lob an die Institutionen, Verbände, Kirchen und Vereine in Treuchtlingen, Pappenheim und Berolzheim, die diese Räume auch zur Verfügung stellen und mitgeholfen haben. Hier wurde und wird teilweise gesellschaftliches Leben heruntergefahren, um Unterricht zu ermöglichen. Das ist schmerzhaft, aber eine nötige Prioritätensetzung.
Dann möchte ich etwas unmissverständlich feststellen:
1. Die Stadt steht hinter der Senefelder-Schule.
2. Sachaufwandsträger ist aber der Zweckverband, der vom Landkreis beherrscht wird und schon immer wurde.
3. Sämtliche bauaufsichtlichen Fragen werden und wurden schon immer vom Kreisbauamt am Weißenburger Landratsamt bearbeitet. Hier liegt die Verantwortung für alle Fragen, die dieses Thema betreffen.
Insofern ist es sehr bedauerlich, dass in der Öffentlichkeit immer wieder die Stadt Treuchtlingen genannt wird. Das ist ausgesprochen schlecht für das Image der Stadt, obwohl – ich wiederhole mich – die Stadt für diese Situation nichts kann, weil schon immer der Landkreis federführend war und ist. Wir Stadträte sind unserer Stadt verpflichtet und sollten deshalb diese Fakten unmissverständlich klarstellen.
Die Stadt Treuchtlingen und die beteiligten Kommunen des südlichen Landkreises, also Pappenheim, Solnhofen und Langenaltheim, sind zwar Mitglieder im Zweckverband, haben aber keine Mehrheit.
Nur beim „Aufräumen“ der Folgen waren wir wieder einmal gefordert. Kleine Spitze nebenbei, die ich mir nicht verkneifen kann: Ich wüsste nicht, dass vom Kreisbauamt oder von mir aus Kreisbauhof auch nur ein Mitarbeiter einen Stuhl von einer Ecke in die andere getragen hätte… Wenn man als Institution schon verantwortlich für ein Defizit ist, dann sollte man auch etwas zur Lösung beitragen.
So wie das bislang gehandelt und kommuniziert wurde, halte ich mindestens für empathielos, um es vorsichtig auszudrücken.
Jetzt zu einigen konkreten Fragen, die sich auftun:
Zum einen bin ich überrascht, dass der Öffentlichkeit offenbar vorenthalten werden soll, welche Gutachten es mittlerweile gibt, auf deren Grundlage die Öffnung der Sene wieder erfolgen kann. Ich kann keinen Grund erkennen, warum man die Inhalte dieser Gutachten und den dazugehörigen Bescheid nicht veröffentlicht. Im Gegenteil: Ich glaube, dass Schüler, Eltern und die gesamte Öffentlichkeit ein Recht darauf haben zu erfahren, warum es in ein paar Wochen Hokuspokus Fidibus wieder möglich ist, ohne angebliche Lebensgefahr die Schule zu betreten.
Ebenso sollte mitgeteilt werden, warum im Zuge der Neubaumaßnahmen und des Abbruchs nicht bereits früher ein Brandschutzgutachten für die restlichen Gebäude erstellt worden ist - bzw. HALT: Eigentlich muss es ja eins geben, auf dessen Grundlage die Fluchttreppenanlage erstellt worden ist. Ohne eine Art von Brandschutzgutachten geht sowas doch nicht, oder?
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass am Kreisbauamt offenbar nicht ausreichend Fachwissen zur Verfügung steht, um die komplexe Brandschutzthematik an der Senefelder-Schule zu beurteilen. Das ist kein Vorwurf, sondern es ist vermutlich ganz normal, dass diese Expertise fehlt. Komplexe Zusammenhänge wie in einem 50 Jahre alten, mehrfach sanierten Gebäude, können sicher nur von Personen mit ganz speziellem Sachverstand beurteilt werden.
Insofern muss aber die Frage gestellt werden, warum man solch externes Fachwissen nicht mit einband, bevor man eine so weitreichende Entscheidung traf, wie eine Schule zu schließen. Wie aus den bis jetzt bekannten Maßnahmen herauszulesen ist, sind die vom Brandschutzgutachter geforderten Verbesserungen offenbar mitnichten so fette Brocken, wie zunächst dargestellt.
Im Klartext: Wenn man sich nicht in der Lage sieht, aufgrund fehlender Expertise oder aus Angst Verantwortung zu übernehmen, dann muss man die Voraussetzung dafür schaffen, dass man sie übernehmen kann oder die Verantwortung abgeben.
Leider werden in so manchen Amtsstuben heutzutage immer nur Probleme in den Vordergrund gestellt und Horrorszenarien an die Wand gemalt, um eben keine Verantwortung tragen zu müssen, anstatt konstruktiv Lösungen zu suchen und zu finden.
Die Aussage, wonach es schließlich um Leib und Leben von Kindern gehe, ist zwar vordergründig richtig, mutet aber in diesem Zusammenhang doch eher wie ein Totschlagargument an, mit dem man möglicherweise nur unangenehme Fragen verhindern will. Wenn man dieses Argument anführt, dürfte man konsequenterweise Kinder nicht mehr in Schulbusse steigen oder auf die Straße lassen, weil sie hier verunfallen könnten. Dies ist statistisch nachweislich um ein Vielfaches lebensgefährlicher – wie erst diese Woche bei Langenzenn bewiesen…
Weiter: Die Fragen nach der Vergangenheit, wann wer vor 20 oder gar 50 Jahren möglicherweise etwas unterlassen oder geändert hat, führen ins Nirwana und lenken eigentlich nur davon ab, wie hier heute eine Problemstellung gemanagt bzw. nicht gemanagt wurde. Dabei gäbe es noch viele aktuelle kritische Fragen, die man stellen könnte. Diese Fragen würden sich übrigens immer in Richtung Kreisbauamt richten müssen.
Die Fragen bringen uns aber nicht recht weiter. Vielmehr müssen wir in die Zukunft blicken und jetzt die Schule schnellstmöglich wieder aufsperren.
Ich würde gerne sehen, dass sich ein Mentalitätswandel entwickelt, der wieder mehr auf Kooperation zwischen den verschiedenen Instanzen setzt, der rein bürokratische Sichtweisen deutlich mehr in den Hintergrund rückt und gesellschaftliche Zusammenhänge und Wirkungen stärker berücksichtigt. Und letztlich geht es bei Entscheidungen immer auch um die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
Ein Gebäude, das nach dem Stand der Bauordnung aus den 1960er Jahren errichtet wurde, muss nicht den aktuell geltenden Normen 1:1 entsprechen. Es muss nur an die Sicherheitsanforderungen herangeführt werden.
Ich würde mir wünschen, dass auch bürokratische Instanzen bzw. deren Mitarbeiter lernen, sich und ihre Entscheidungen zu hinterfragen, und dass für Pragmatismus wieder mehr Platz ist.
Fehler sind menschlich. Sie werden immer passieren, auch in durchbürokratisierten Systemen. Fehler sollten aber auch zugegeben und aufgearbeitet werden, da es sonst keine Chance gibt, daraus zu lernen.
Deshalb zum Schluss nochmals die Aufforderung, die Inhalte des Gutachtens oder der Gutachten öffentlich zu machen. Nur so können die verantwortlichen Behörden ihre Glaubwürdigkeit wieder einigermaßen zurückerlangen.
Hubert Stanka, UFW, 3. Bürgermeister Treuchtlingen
Es gilt das gesprochene Wort